23. Regionaltag

Ein Wir-Gefühl erschaffen

Blick auf gut besuchten Schweinemarktplatz
Der Regionaltag war trotz hochsommerlichen Temperaturen gut besucht und lockte viele Menschen in die Stadt.

Die Stadt Crailsheim richtete am Wochenende den Regionaltag des Vereins proRegion Heilbronn-Franken aus, der viele Menschen in die Stadt lockte. Während am Nachmittag auf dem Schweinemarktplatz die Musik spielte, ging es bei der Eröffnung auch um die Frage, wie die heimische Wirtschaft gemeinsam Fachkräfte locken kann.

Die Crailsheimerinnen und Crailsheimer fühlen sich als Hohenloher, sind politisch jedoch dem Großraum Heilbronn zugeordnet. „Es ist eine Region, die auf dem Reißbrett entstanden ist, die aber zusammenwachsen soll“, erläutert Friedlinde Gurr-Hirsch, Vorsitzende von proRegion, die Hintergründe, die dazu führten, dass vor 25 Jahren die Bürgerinitiative proRegion Heilbronn-Franken gegründet wurde: „Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bürger sollen hierbei zusammenkommen und ein Wir-Gefühl entwickeln.“

Gemeinsam auftreten
Der jährlich stattfindende Regionaltag möchte genau diesen Prozess beschleunigen. Nachdem er eigentlich 2020 in Crailsheim hätte stattfinden sollen, musste er aufgrund der Pandemie auf dieses Jahr verschoben werden. „Es ist das erste Fest in Crailsheim seit Coronaausbruch, bei dem keinerlei Auflagen mehr bestehen“, freute sich Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer bei seiner Grußrede zur Eröffnung am Sonntag auf die Veranstaltung. Gerade diese Feste seien es, die Menschen zusammenführen, weshalb er froh sei, dass nun die Normalität langsam zurückkehrt. „Unser Crailsheim wächst, was wir einer engen Zusammenarbeit von Wirtschaft, Stadtverwaltung mit dem Gemeinderat und der Bürgerschaft zu verdanken haben.“

Friedlinde Gurr-Hirsch möchte mit ihrer Bürgerinitiative ein Wir-Gefühl bei den Menschen in der Region schaffen.

Was vor allem Stadt und Wirtschaft jedoch ebenfalls miteinander verbindet, ist der zunehmende Fachkräftemangel. „Lassen Sie uns gemeinsam in Stuttgart auftreten und für eine Hochschule in Crailsheim werben“, reichte in dem Zusammenhang Gurr-Hirsch Oberbürgermeister Grimmer angesichts der städtischen Planungen zur Errichtung einer akademischen Ausbildungsstätte die Hand, die er gerne ergriff: „Das Unterstützungsangebot nehme ich gerne an. Unser Credo lautet, dass wir Lösungen suchen und Antworten geben wollen, was nur gemeinsam gelingt.“ Denn nur zusammen könne erreicht werden, Arbeitskräfte in die Region zu locken und eben nicht in die Großräume Nürnberg, München oder Stuttgart abwandern zu lassen.

Krisen wirken wie ein Brennglas
Festredner Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, zeigte sich von der Vielfalt in der Region beeindruckt. Er betonte, dass die Gesellschaft vor enormen Herausforderungen stehe und die derzeitigen Krisen wie ein Brennglas wirken. „Vielleicht ist es auch ganz gut, dass die Zeiten von billigen Produktionsstätten und Waren vorbei sind“, merkte er an. Zugleich kritisierte Rapp die schwindende Effektivität in der Wirtschaft, wo er eine Verschiebung des Fokus von Leistung hin zur Moral festgestellt hat. „Wir sprechen bei der Work-Life-Balance in den vergangenen Jahren zu viel vom Life und zu wenig von Work“, bemängelte er. Angesichts eines wachsenden Defizits von Fachkräften und einem jährlichen Bedarf von 50.000 Arbeitenden pro Jahr sollten Arbeitgeber Anreize setzen, wie die Leistungsbereitschaft gesteigert werden könnte.

Staatssekretär Dr. Patrick Rapp sieht die Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels vor großen Herausforderungen.

Fachkräftemangel entgegentreten
Zudem muss es besser gelingen, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. „Wir sollten uns Gedanken machen, welchen Stellenwert die berufliche Ausbildung hat. Der Fokus lag in der Vergangenheit viel zu sehr auf dem Studium als vermeintlich besten Bildungsabschluss. Wir bilden aber nicht nur Dirigenten aus, sondern brauchen vor allem auch die Musiker, ohne die es nicht geht“, sagte Rapp. Ebenso müsse die Erwerbsbeteiligung von Frauen gestärkt, Weiterbildung gefördert, Steuern gesenkt und die Integration von Arbeitskräften vorangetrieben werden. Und das, ohne Menschen aus dem Ländle zu vergraulen, weil sie das Gefühl hätten, dass ihre Arbeit nicht ausreichend anerkannt werden würden. „Große Debatten können wir uns nicht mehr leisten. Die Betriebe müssen jetzt handeln und wir müssen als Gemeinschaft nun aktiv werden. In der Region Heilbronn-Franken existieren die besten Voraussetzungen, um dies schaffen. Aber wir müssen nun anpacken.“

Buntes Treiben
Wie innovativ die Region ist, konnten die Besuchenden des Regionaltags aus erster Hand erfahren. Nachdem Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer den Tag mit dem Fassanstich auf dem Schweinemarktplatz feierlich angeschlagen hatte, lockten ein verkaufsoffener Sonntag und über 60 Stände sowohl mit kulinarischen Leckereien, aber auch interessanten Informationen zur Innovationskraft der heimischen Wirtschaft und den touristischen Attraktionen in der Region. Für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgten die Musikschule Crailsheim, die Polizei Big Band Heilbronn, die Hohenloher Highlanders Pipes & Drums sowie die Bürgerwache Crailsheim.

(Erstellt am 05. Juli 2022)