Tempo 30

Warum Lärmschutz die Geschwindigkeit bremst

Eine Straße, ein verschwommes Auto, daneben ein durchgestrichenes Tempo 30-Schild.
In fünf Bereichen Crailsheims gilt durchgehend Tempo 30 wegen Lärmschutz. Andere Möglichkeiten gab es aufgrund der Messergebnisse und örtlichen Gegebenheiten nicht.

In Crailsheim wurde an mehreren Straßen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h gesenkt. Der Grund: Lärmschutz. Doch warum sind diese Maßnahmen notwendig, und welche gesetzlichen Vorgaben gibt es? Ein Blick auf die Hintergründe und die konkrete Situation in Crailsheim.

Lärm ist nicht nur lästig, sondern kann krank machen. Besonders hohe Belastungen durch Verkehrslärm führen nachweislich zu Schlafstörungen, Stress und erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Laut Bundesverwaltungsgericht gilt eine Lärmbelastung von 70 Dezibel (dB(A)) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht als gesundheitsgefährdend. Diese Werte wurden in Crailsheim an mehreren Stellen überschritten, weshalb die Stadt handeln musste.

Die rechtliche Grundlage
Laut dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), dessen übergeordnete rechtliche Grundlage eine europäische Richtlinie ist, sind Kommunen verpflichtet, Lärmprobleme zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen. Ein Lärmaktionsplan legt fest, wo Handlungsbedarf besteht. Bereits 2014 wurde in Crailsheim der erste Lärmaktionsplan beschlossen. 2021 folgte eine Aktualisierung, bei der bestehende Belastungen erneut bewertet wurden. Die neueste schalltechnische Untersuchung vom Dezember 2023 ergab, dass an fünf Lärmschwerpunkten eine Reduzierung auf Tempo 30 erforderlich ist, da die zulässigen Werte teils deutlich überschritten wurden.

Die betroffenen Straßen in Crailsheim wurden auf Grundlage detaillierter Lärmmessungen identifiziert. In der Kernstadt Crailsheims sind es die Wilhelm-, Karl- und Schillerstraße. Diese Straßen verlaufen durch dicht besiedelte Gebiete mit hoher Verkehrsbelastung. Die Ellwanger Straße ist eine wichtige Einfahrtsstraße mit hohem Verkehrsaufkommen, das vor allem zu Spitzenzeiten zu hoher Lärmbelastung führt.

Die Schönebürgstraße ist ebenfalls eine vielbefahrene Straße mit direkter Anbindung an Wohngebiete. Im Stadtteil Altenmünster ist es die Gaildorfer Straße, die durch ein Gebiet mit vielen Anwohnern verläuft, die über hohen Lärm klagen. Und letztendlich ist die Lärmbelastung in der Haller Straße in Roßfeld aufgrund des dichten Verkehrs besonders hoch.

Auswirkungen von Tempo 30
Die Lärmreduzierung durch die Tempodrosselung beträgt etwa 2,5 dB(A). Das mag wenig klingen, doch für Anwohner bedeutet es eine spürbare Entlastung, nämlich nahezu um die Hälfte. Zudem wird die Zahl der Menschen, die besonders hohen Lärmwerten ausgesetzt sind, reduziert. Langfristig verbessert sich dadurch die Lebensqualität entlang der betroffenen Straßen erheblich.

Laut dem „Kooperationserlass Lärmaktionsplanung“ des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg haben Kommunen und Behörden wenig Spielraum: Einmal als notwendig erachtete Maßnahmen müssen umgesetzt werden. Das bedeutet, dass die Straßenverkehrsbehörde Tempo 30 anordnen muss, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein eigenständiges Ermessen der Behörde gibt es in diesen Fällen nicht mehr. Die Stadt Crailsheim hat daher in Zusammenarbeit mit Fachbüros eine umfassende Analyse durchgeführt und die betroffenen Straßenabschnitte auf Grundlage konkreter Messergebnisse ausgewählt.

Kritik und Akzeptanz
Wie in vielen Städten gibt es auch in Crailsheim unterschiedliche Meinungen zu Tempo 30. Während Anwohner die Maßnahme begrüßen, weil sie für mehr Ruhe und Sicherheit sorgt, gibt es Kritik von Autofahrern, die sich über längere Fahrzeiten und stockenden Verkehr beschweren. Besonders Gewerbetreibende befürchten, dass durch das langsamere Tempo Kunden abgeschreckt werden könnten. Die Stadtverwaltung verweist aber darauf, dass ähnliche Maßnahmen in anderen Städten gezeigt haben, dass Tempo 30 nicht nur den Lärm reduziert, sondern oft auch den Verkehrsfluss verbessern und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer verbessert.

Die Einführung von anderen Beschränkungen, wie beispielsweise Tempo 40 oder Tempo 30 in den Nachtstunden, hätte keine ausreichende Lautstärkereduzierung zur Folge gehabt. Vergleiche mit anderen Städten sind dabei nicht zweckdienlich, da sich die örtlichen Gegebenheiten immer unterscheiden.

Die Temporeduktion in Crailsheim ist also keine willkürliche Entscheidung, sondern basiert auf gesetzlichen Vorgaben auf EU-Ebene zum Schutz der Gesundheit. Durch Tempo 30 wird der Verkehrslärm spürbar reduziert, was vielen Anwohnern zugutekommt. Auch wenn es für Autofahrer auf den ersten Blick eine Einschränkung bedeutet, so dient die Maßnahme letztlich dem Wohl aller und trägt dazu bei, die Lebensqualität in den betroffenen Wohngebieten zu verbessern.

Info: Die EU-Richtlinie 2002/49/EG gibt europaweit den Rahmen für den Schutz vor Umgebungslärm vor. Sie verpflichtet alle Mitgliedstaaten dazu, Lärmquellen wie Straßen, Bahnstrecken und Flughäfen zu erfassen und Maßnahmen zur Lärmminderung zu planen. Auf dieser Grundlage müssen auch die Kommunen Lärmkarten erstellen und Aktionspläne entwickeln, um die Belastung für die Bevölkerung zu verringern.

(Erstellt am 08. April 2025)