Wohnraumoffensive

Ein neues Zuhause, ein neuer Anfang

Eine Gruppe von Leuten steht vor einem Wohnblock und blickt in eine Kamera.
Die Beteiligten der Wohnraumoffensive der ersten Stunde (hinten von links): Integrationsmanagerin Anna-Lena Fetzer, Fawaz Ibo mit Sohn Ahmad, Integrationsmanagerin Kamilla Schubart und Patryk Kulik.

In Zeiten angespannter Wohnungsmärkte stellt sich vielerorts die Frage: Wie gelingt Integration, wenn der Wohnraum fehlt? Die Stadt Crailsheim liefert eine Antwort – mit ihrer Wohnraumoffensive, die Menschen aus städtischen Unterkünften den Sprung in den privaten Mietmarkt ermöglicht. Das Projekt läuft jetzt seit gut einem halben Jahr und das erfolgreich: Ein Beispiel, das Mut macht, lebt seit Kurzem auf dem Kreuzberg.

Seit September lebt Familie Ibo in ihrer neuen Wohnung auf dem Kreuzberg. Drei Zimmer, 80 Quadratmeter, ein großer Balkon im vierten Stock – genug Platz für den 25-jährigen Fawaz Ibo, seine Frau und die zwei kleinen Kinder. „Wir fühlen uns wohl“, sagt er. „Die Nachbarn sind toll und das Verhältnis zu unserem Vermieter ist sehr gut.“

Die Familie syrisch-kurdischer Herkunft lebte zuvor in einer städtischen Unterkunft am Löwengang. Dort war zwar genug Platz, „aber eben nichts Eigenes“. Heute ist das anders – dank des Engagements der Stadt Crailsheim und dem Mitwirken von Vermieter Patryk Kulik. „Ich habe das Angebot der Stadt gesehen, es klang gut, also wollte ich es ausprobieren“, erzählt er. Die Chemie mit Familie Ibo stimmte sofort: „Wir haben ein ganz normales, freundliches Vermieter-Mieter-Verhältnis – Probleme gab es bisher keine.“

Für Vermieter Patryk Kulik hatte das Projekt auch eine persönliche Bedeutung. „Meine Familie kam damals aus Polen nach Deutschland – wir hatten nichts, niemand hat uns unterstützt“, erzählt er. Heute gehe es ihnen gut, sagt er, und das wolle er weitergeben. „Ich wollte es einer anderen Familie leichter machen, hier Fuß zu fassen.“ Der Austausch mit Familie Ibo ist freundschaftlich, die beiden Männer sind im selben Alter, für die beiden Kinder bringt Kulik auch gerne mal was zum Naschen mit. Man schreibt sich über Messengerdienste, „auch einfach mal so“.

Vom Geflüchteten zum Facharbeiter
Familie Ibo kam vor rund dreieinhalb Jahren über Griechenland und Heidelberg nach Crailsheim. Vater Fawaz arbeitete in Syrien als Mosaikleger, in der Landwirtschaft und als Maler – geregelte Ausbildungswege, wie es sie in Deutschland gibt, existierten dort nicht. Heute absolviert er in Crailsheim eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. Die Abschlussprüfungen stehen ab Mai an, übernommen wird er sicher. „Job und Kollegen sind super“, sagt er lächelnd.

Crailsheim sei „eigentlich eine sehr schöne Stadt“, meint Ibo. Nur eins störe ihn: „Zur Rushhour, so gegen sieben Uhr morgens und 16 Uhr nachmittags, ist immer Stau“, lacht er. Doch im Großen und Ganzen stimmt für die junge Familie alles: Arbeitsplätze, Schulen, Infrastruktur. „Es ist hier alles geboten, es gibt viele Betriebe mit vielen Arbeitsangeboten. Insgesamt ist Crailsheim eine gute Umgebung für Familien.“

Ein Projekt mit Konzept
Die Wohnung fand Familie Ibo mit Unterstützung der Stadt. Kamilla Schubart, Integrationsmanagerin und Initiatorin der Wohnraumoffensive im Ressort Soziales & Kultur, koordiniert das Projekt. Sie kennt alle Vermieter persönlich, besichtigt die Wohnungen im Vorfeld und trifft eine sorgfältige Auswahl. „Es ist alles individuell und sehr zeitintensiv“, sagt sie. Denn nicht jede angebotene Wohnung ist geeignet: zu teuer, zu abgelegen, in schlechtem Zustand oder nur kurzfristig verfügbar.

„Viele Anbieter wollten das Mietverhältnis auch nach spätestens zwei Jahren beenden“, erklärt Schubart. „Das wollen wir aber nicht – die Menschen sollen langfristig leben können.“ Neben Familie Ibo konnten bereits zwei alleinstehende Männer erfolgreich vermittelt werden – weitere Gespräche laufen.

Sicherheit auf beiden Seiten
Ein Schlüssel zum Erfolg: Die Sicherheit, die die Stadt den Vermietern gibt. Sollte es Probleme geben, springt die Stadt ein – das Mietverhältnis kann unkompliziert beendet werden. Doch laut Schubart ist dieser Fall bisher nie eingetreten: „Die Beteiligten lernen sich vorab kennen, es muss ja menschlich passen.“

Auch Kollegin Anna-Lena Fetzer vom Sachgebiet Zuwanderung & Integration ist Teil des Prozesses. Sie unterstützte Familie Ibo bei allen Formalitäten: Anträge, Unterlagen, Nachweise – „Papierkram“, wie sie es nennt. Und sie betont: „Wir bereiten die Familien auf ihre Rechte und Pflichten vor. Und es gibt Voraussetzung für eine Vermittlung, sie müssen zum Beispiel arbeiten.“

Wohnraumoffensive mit Wirkung
Die Wohnraumoffensive der Stadt Crailsheim richtet sich nicht nur an Geflüchtete, sondern auch an wohnungslose Menschen deutscher Staatsangehörigkeit. Ziel ist es, rund 100 Personen aus städtischen Unterkünften in private Wohnungen zu vermitteln – ein Projekt, das Integration, Teilhabe und Stabilität fördert.

Die angebotenen Wohnungen müssen aber auch gewissen Standards entsprechen: Küche, guter Zustand, verkehrstechnisch angebunden, eine bezahlbare Miete auf Landkreis-Niveau. Schubart betont: „Wir suchen Wohnraum von einem bis zu fünf Zimmer, für Singles genauso wie für Familien.“

Mittlerweile nehmen immer mehr Vermieter Kontakt auf. Schubart freut sich über das wachsende Vertrauen: „Die Zusagen durch die Stadt geben Sicherheit – das ist ein sehr großer Erfolg.“ Sie ruft andere Vermieter auf, es Kulik gleichzutun: „Jede Wohnung zählt. Mit etwas Unterstützung kann es jeder schaffen.“ Und auch Patryk Kulik selbst betont: „Ich empfehle es jedem Vermieter, das ist ein tolles Angebot der Stadt und man kann andere Menschen damit unterstützen.“

Info: Interessierte Vermieter können sich bei der Stadt melden und werden umfassend informiert: Städtisches Integrationsmanagement, Ressort Soziales & Kultur, Sachgebiet Zuwanderung & Integration. E-Mail: integration@crailsheim.de.

(Erstellt am 08. April 2025)